23.04.2018
Jedes Jahr im Frühling begeben wir uns auf Holzbau.Architektur.Reise. Immer mit an Bord begeisterte Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Architektur und Holzbau sowie einige Behördenvertreter. Nach rund 10 Jahren führte uns die heurige Tour erneut nach Südtirol. In ein Land mit faszinierenden Landschaften, eine Gegend die durch starke Traditionen geprägt, aber trotzdem sehr offen für junge und dynamische Architektur ist.
Wir waren erstaunt, wie sehr sich diese Architektur entwickelt hat. Bestand bei der ersten Reise die Schwierigkeit darin, gute Projekte zu finden, so stellte sich diesmal die Frage, welche Projekte wir nicht besuchen würden, da die Vielfalt guter Architektur enorm groß ist.
Um den Weg nach Südtirol zu verkürzen und die Lenkzeiten unseres Chauffeurs nicht zu strapazieren, besichtigten wir in Lofer das Unternehmen Holzbau Meiberger. Dessen Firmensitz wurde von Architekt Tom Lechner (LP Architektur) neu geplant. Auch das zweite Projekt auf unserer Reiseroute stammt aus der Feder von Tom Lechner und führte uns rund 150 km gen Süden nach Mörtschach.
Die schwarze Kultbox definiert gemeinsam mit seinem Pendant gegenüber, dem ältesten Haus Mörtschachs, ein neues Zentrum im Dorf. Einladend öffnet sich die helle Fensterfront des 300 Personen fassenden Veranstaltungszentrums zu diesem Platz hin und gibt nicht nur dem örtlichen Musikverein genug Platz sich zu entfalten, es bietet einen wunderbaren Platz zum Beisammensein und Feiern.
In Südtirol angekommen, widmeten wir uns bei den ersten drei Projekten einem wahren Kleinod von Beherbergungs- bzw. Tourismusarchitektur Sextens. Der Grundstein dafür wurde 1976 mit dem Familienhotel Rainer – geplant von von Architekt Peter Thurner (Atelier M9) – gelegt Das Haus stellte einen klaren Bruch zum allerorts üblichen Tirolerstil dar. 2007 wurde es durch die Erweiterung durch das Hotel Strata zum Ensemble; es folgte im Jahr 2012 die Residence Alma. Beide Projekte wurden vom Architekturbüro Plasma Studio entworfen. Als durchgängiges Motiv ziehen sich horizontale Streifen aus Lärchenholzlammelen vom Hotel über das Einfamilienhaus hin zur Residence Alma, wo diese Lamellen ein gelungenes Ende finden.
Hinter einer schwarzen Holzfassade, die sich angenehm ins Grün der Umgebung einfügt, befindet sich der sechsstöckige Zubau zum Wanderhotel Bühelwirt. Dieser von Pedevilla Architekten geplante Zubau wurde während des laufenden Betriebs abgewickelt und verdoppelt die Zimmeranzahl des Hotels mit einem radikalen Bruch. Angenehm unaufgeregt und auf das Wesentliche konzentriert hingegen präsentieren sich die Innenräume des vielfach ausgezeichneten Hotels.
Gerade erst im März wurde der zweite Südtiroler Holzbaupreis vergeben. Projekte daraus waren auch heuer wieder Fixpunkt unserer Reise.
Wir besuchten den Kindergarten Niederolang, geplant vom Architekturbüro feld72 aus Wien sowie das MMM Ripa Museum im Schloss Bruneck von EM2 Architekten.
Bei dem MMM Ripa Museum handelt es sich um eines der sechs Museen, die Reinhold Messner bespielt. Ein zweites wurde von der international renommierten Architektin Zaha Hadid geplant und befindet sich auf rund 2.300m am Kronplatz. Auch wenn es gänzlich aus Beton ist, war es die Reise absolut wert. 15 Minuten Gondelfahrt. 130 cm Schnee, Sichtweite wenige Meter – unwirkliche Verhältnisse und dann dieser Monolith aus Beton. Über drei Geschoße gelangt man immer tiefer in den Berg hinein. Dabei erhält man einerseits faszinierende Ausblicke in die vom Nebel verschluckte Bergwelt, andererseits spannende Einblicke in die Welt des Bergsteigens.
In die Welt der Bildhauerei entführte uns anschließend Hubert Kostner in seinem Atelier, das von modus Architects in Kastelruth geplant wurde. Im Herzen der Dolomiten, wie sich Kastelruth gerne selbst bezeichnet, sorgte die Architektur durchaus für Aufregung. Hier erlebt man eine gelungene Spannung zwischen Tradtion und Moderne, zwischen touristischem Bühnenbild und künstlerischer Realität.
Das Prinzip des Paarhofes konnten wir bei zwei weiteren Projekten besichtigen. Der Felder Hof in Villandro ist ein Paradebeispiel für diese landwirtschaftliche Bauweise Südtirols. Ganz unspektakulär schmiegt sich die Erweiterung von Architekt Pavol Mikolajcak sowohl an das bestehende Gebäudeensemble als auch in die Natur und verbindet dabei zwei Welten.
Verena Mutschlechner lebt mittlerweile in Vöcklabruck (OÖ) und führt gemeinsam mit Ihrem Partner das Büro MUTWEG Architekten. Sie hat den zweiten Vertreter des Paarhofs – die Hofstelle MUT – geplant, der hoch über Bruneck thront. Schon auf den ersten Blick ist die Anlehnung an diese Bauweise erkennbar. So befinden sich im ersten Trakt die Pferdewirtschaft und die Kräuterverarbeitung, der zweite Gebäudetrakt beherbergt das Wohngebäude. Für den Bau dieser biologischen Betriebsstätte aus Holz wurden fast ausschließlich baubiologische und heimische Materialien wie Zirbe und Lärche aus den nah gelegenen Tälern verwendet.
Wie jedes Jahr haben wir auch bei dieser Reise wieder den Austausch mit Firmen vor Ort gesucht. Wir durften die Tischlerei Erlacher und die Rubner Holzhaus AG mit deren Produktionen besichtigen. Danke für die Gastfreundschaft und die gebotenen Einblicke!
Einen interessanten Exkurs in die Entwicklungen der Architektur boten Kurt Egger (EM2 Architekten) und Architekt Thomas Tschöll, der an der Universita della Svizzera italiana in Mendrisio unterrichtet, bei einer gemeinsam Jause am architektonisch höchst interessanten „Kiosk“ von Toni Mair am Graben in Bruneck.
Ihren Abschluss fand unsere Besichtigungstour dann in Tirol mit dem BILDING, der Kunst- und Architekturschule für Kinder und Jugendliche, ehe es Freitagmittag zurück nach Oberösterreich ging.