15.06.2018
Kreative Robotik, innovatives Handwerk und neue Möglichkeiten der Digitalisierung standen im Mittelpunkt der Tagung „ROBinWOOD“ – einer Gemeinschaftsveranstaltung des Möbel- und Holzbau-Clusters der oö. Standortagentur Business Upper Austria, der Kunstuniversität Linz, des überholz Lehrgangs und der „Association for Robots in Architecture“ – die am 14. Juni 2018 in Linz stattfand. In spannenden Impulsvorträgen und Workshops wurde der Frage nachgegangen, ob Robotik und Handwerk eine gemeinsame Zukunft haben und wie diese aussehen kann. Rund 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmer folgten der Einladung.
Die fortschreitende Digitalisierung, die Robotik und innovative Planungs- und Fertigungsmöglichkeiten zogen sich wie ein roter Faden durch die gesamte Veranstaltung. Selbst Hand anlegen hieß es bereits am Vormittag beim Workshop „Robotik und Holzbau“ unter der Leitung von Univ-Prof. DI Johannes Braumann, Leiter des Instituts Kreative Robotik an der Kunstuniversität Linz. Der Workshop gab den Teilnehmer/innen einen Überblick, wie Industrieroboter bereits heute in Holzbau und Handwerk eingesetzt werden und wo die Potenziale für die Zukunft liegen. Gemeinsam mit dem Team des Instituts für Konstruktiven Ingenieurbau der BOKU Wien wurde eine beispielhafte Holzverbindung gefertigt und der Weg vom digitalen Entwurf zum Roboterprogramm dargestellt.
Spannende Referenten aus Forschung, Architektur, Handwerk & Industriedesign
Eröffnet wurde die Vortragsreihe von Keynotespeaker Dr. Christopher Robeller, Professor an der TU Kaiserslautern. Er zeichnete sehr eindrucksvoll den Weg, welche Chancen mittels neuer Technologien im Handwerk möglich sind. Mit der Planung und dem Bau des Théâtre de Vidy in Lausanne sorgte er im letzten Jahr für Furore. Das Bauwerk besteht gänzlich aus nur 45 mm dicken Holzplatten und erinnert in der Form an Origamistrukturen. „Insgesamt handelt es sich um 304 unterschiedliche Platten, das ergibt 450 völlig unterschiedliche Kantenverbindungen. So etwas würde man von Hand nie machen, weil der Aufwand und damit einhergehend die Kosten viel zu hoch wären. Diese individualisierte Massenfertigung ist aber mittels Robotik möglich“, erklärt Robeller die Besonderheit an diesem Projekt.
Was Kunst und Robotik verbindet, demonstrierte Mag. Philipp Hornung von der Universität für angewandte Kunst in Wien. Er forscht im Angewandte Robotics lab in Kooperation mit Künstlern und deren Skulpturen mit Holzwerkstoffen. Dem Publikum präsentierte er Projekte, die mittels Roboter bereits erfolgreich realisiert wurden – Dinge, die von Hand schwer zu realisieren sind. Darunter ein sogenanntes Branch Board. Dabei handelt es sich um ein ganz spezielles Skateboard, das als Prototyp aus einem natürlichen, gewachsenen Ast gebaut wurde, auf dem Räder montiert sind. Für die Reproduktion wurde das Original 3D-gescannt und mittels Roboter aus laminiertem Sperrholz gefräst. Das fertige Produkt kann derzeit in der Ausstellung „Kreative Robotik“ im Linzer Ars Electronic Center bestaunt werden.
Wie eine Tischlerei die Möglichkeiten der Digitalisierung für sich nutzt, darüber sprach Josef Gigler von Gigler Holz Design aus Neubeuern. In seinem Betrieb verbindet er klassisches Handwerk mit computergestützter Konstruktion und industriellen Produktionsprozessen. Seine Botschaft an das Publikum: Das Duell Computer gegen Mensch wird der Mensch nur dann gewinnen, wenn er sich seinen Verstand behält und die Auswirkungen der Digitalisierung kritisch hinterfragt. Nur wer den analogen Prozess versteht, wird auch mit Digitalisierung erfolgreich sein.
Unterschiedlichste Anwendungsbeispiele parametrischer Planung erläuterten DI Clemens Huber von Wiehag GmbH für den Bereich Holzbau, DI Thomas Pachner von der Firma patonic aus Grieskirchen für den Möbelbau und Mag.art Univ.Ass. Barbara Ambrosz vom Designbüro Lucy D. für den Bereich Design. Alle drei zeigten sehr eindrucksvoll auf, wie durch parametrische Planung aufwendige und komplexe Formen relativ rasch geplant und gebaut werden können.
Weitere Referenten der Tagung waren Thomas Wieland, B.Eng (Züblin Timber, Aichach), Simon Lullin (Lullin Engineering, Schweiz) und DI Baris Cokcan (RWTH Aachen).
Podiumsdiskussion mit prominenter Besetzung
Im Anschluss an die Vortragsreihe fand im Deep Space des Ars Electronic Centers eine spannende Podiumsdiskussion statt. Dabei diskutierten Oberösterreichs Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Michael Strugl, Prof. Dr. Michael Shamiyeh (Center for Future Design, Kunstuniversität Linz), Dr. Erich Wiesner (Wiehag GmbH), Mag. Tina Zickler (Kuratorin und Kulturwissenschaftlerin), Dr. Christopher Robeller (Digital Timber Construction DTC, TU Kaiserslautern) und Josef Gigler (Gigler Holzdesign) die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung sowohl für das Handwerk als auch die Gesellschaft.